Bitte mach ein Mädchen aus mir
Heute sprechen selbst Feministinnen vom Post-Feminismus, andere, wie etwa die kanadische Künstlerin Nancy Paterson, sehen uns gar in eine technische Ära des Cyberfeminismus hineingleiten, welcher „Frauen die Chance bietet, aus vorgegebenen Rollen auszubrechen“. Dagegen setzt Mia Unverzagt mit ihren Installationen auf den ersten Blick auf eine eher konventionelle feministische Sicht. Man fühlt sich an Simone de Beauvoirs berühmtes Diktum erinnert: „Man wird als Frau nicht geboren, man wird dazu gemacht.“ Doch Mia Unverzagts rosa überzuckerter Mädchenkosmos ist keineswegs eine melancholische Hommage an eine für manche vielleicht verblichene Utopie. Vielleicht weil sich für sie die berechtigte Frage erhebt, warum der Satz Beauvoirs nach fünfzig Jahren seine Aktualität eingebüßt haben soll.
Ihr ästhetisches Konzept besticht gerade deshalb, weil sie sich jenseits des „Mainstreams“ an festen Überzeugungen abarbeitet. Es ist zum einen eine ironische Verweigerung, die in „Bitte mach ein Mädchen aus mir“ mitschwingt, die eine selbstbewusste junge Künstlerin zeigt, die sich mit politischen und ästhetischen Schematisierungen nicht arrangieren will. Es ist zum anderen auch die abgründige Dialektik zwischen alten und proto-religiösen Elementen einer Domestikation des Weiblichen, die sie spielerisch versucht einzufangen.
Ihre Exponate sind heiter und höhnisch, voll entwaffnender Selbstironie und beißendem Spott, sie erschaffen die paradoxe Atmosphäre einer durch Kitsch und Puppenstubenseligkeit vermittelten Einsicht. Mit anderen Worten: Mia Unverzagt bedient sich der besten Ingredienzien einer kommunikativen und subversiven Kunst, die sich an der Selbstdarstellung nicht berauscht, die nicht in einem künstlerischen Solipsismus ihre Erfüllung findet, sondern die Kunst als Auftrag zur Einmischung begreift, die ästhetische Aufklärung beim Wort genommen wissen will. Ihre Installationen geben den Blick frei auf eine behäbig gefräßige Normalität, die sich zugleich in ihrer plakativen Überhöhung konterkariert. Sie zeigt uns, dass es nur aus Kitsch und Ritus, Schein und Ideologie bestehender Schaumteppich ist, der unsere auf Schönheit fixierte alltagsweltliche Oberflächenästhetik zusammenhält. Und mit dieser Kritik schlägt sie trotz aller spielerischen Ironie einen Bogen zu einer gedankenstrengen Philosophin wie Simone de Beauvoir und deren Credo: „ Der Mensch ist frei geboren.“
Prof. Dr. Hartmut Wagner